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Die Übersterblichkeit hat viele Gründe

Seit Monaten zählt das Robert Koch Institut, wie viele Menschen in Deutschland am Coronavirus sterben. Die Statistiker melden, dass die Sterberate im April höher lag als über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre. Grund ist offenbar nicht nur das Virus.

Wenn die Sterberate über dem Durchschnitt der vergangenen Jahre liegt, spricht die Wissenschaft von einer Übersterblichkeit. So lag in Deutschland die Sterberate in der 15. Kalenderwoche vom 6. bis zum 12. April um 13 Prozent über dem Vierjahresschnitt von 2016 bis 2019. In dieser Aprilwoche 2020 starben 2371 Menschen mehr als in den Jahren zuvor. Das RKI zählte in dieser Woche 1718 Covid-19-Todesfälle. So das Statistische Bundesamt.

Es mag makaber wirken, Verstorbene zu zählen und in eine Statistik zu packen. Dennoch geben auch diese Zahlen Auskunft über die Pandemie und ihre Folgen. Denn wenn in einer Woche 2371 Menschen mehr starben als im Vergleichszeitraum, aber nur 1718 von ihnen Covid-19 hatten, stellt sich eine Frage: Wie erklärt sich der Tod von 653 Menschen, die sich offenbar nicht mit dem Coronavirus infiziert hatten?

Ein Bündel von Ursachen

Die Antwort auf diese Frage ist komplex. Mediziner gehen davon aus, dass Menschen mit schweren Erkrankungen seltener zum Arzt gingen als vor der Pandemie, um sich nicht mit dem Coronavirus zu infizieren. Auch wurden nicht notwendige Operationen verschoben. Tragisch ist, wenn ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall deshalb tödlich endeten. Auch könnte die Zahl der Suizide gestiegen sein, da Menschen mit Depressionen stärker als andere unter den sozialen Einschränkungen leiden.

Doch es gibt andere Trends, die gegengerechnet werden. So melden die Statistiker, dass die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle gesunken ist. Auch könnte die bessere Luftqualität durch geringeren Verkehr und weniger Industrie-Emissionen dazu führen, dass Menschen mit Lungenerkrankungen länger leben als in den Jahren zuvor.

Große regionale und nationale Unterschiede

Die Übersterblichkeit ist nicht nur von Land zu Land, sondern auch von Region zu Region sehr unterschiedlich. So lag sie im April 2020 im norditalienischen Südtirol um 72,9 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019. Zum Vergleich: In ganz Italien betrug die Übersterblichkeit in der 14. Kalenderwoche – dem Höhepunkt der Sterblichkeitsrate in Italien – um 16,85 Prozent über dem Durchschnitt.

In Spanien erreichte die Übersterblichkeit zur gleichen Zeit den traurigen Spitzenwert von 43,54 Prozent. England erreichte eine Woche später seinen Höhepunkt der Sterberate mit 40,87 Prozent. Die Niederlande erreichten ebenfalls in dieser Woche mit 21,24 Prozent ihren Höhepunkt der Sterbewelle. Alle Daten zum europäischen Vergleich gibt es bei Euromomo.

In Deutschland hat sich die Sterberate übrigens bereits Anfang Mai wieder normalisiert. Von einer Übersterblichkeit kann nicht mehr gesprochen werden.

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