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Attacke gemeinsam gegen Kopfschmerzen!

Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass Kopfschmerzen in den Industrieländern 2- bis 3-mal häufiger auftreten als vor 50 Jahren. Aus den Statistiken der Gesundheitsversorgung lässt sich das Ausmaß aber kaum ableiten. Was trotzdem getan werden kann und muss.

23 Millionen Deutsche leiden laut der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) unter chronischen Schmerzen. Zwischen 4 und rund 24 % davon entfallen auf die beiden häufigsten Kopfschmerzerkrankungen, den Spannungskopfschmerz und die Migräne. Die Prävalenz wird auf Basis von epidemiologischen Untersuchungen geschätzt. Frauen leiden häufiger an Migräne, Männer mehr an Spannungskopfschmerz. Konkrete Zahlen aus verschiedenen Studien wurden im September 2020 vom Robert Koch-Institut im Journal of Health Monitoring veröffentlicht.
 

Abrechnungsstatistiken zeigen wahres Problem nicht

Da Kopfschmerzpatienten nicht immer medizinische Leistungen in Anspruch nehmen oder sich kurzzeitig arbeitsunfähig schreiben lassen (müssen), kann anhand von Leistungsabrechnungen nicht auf die tatsächlich auftretenden Häufigkeiten geschlossen werden. Deshalb zählen Kopfschmerzerkrankungen nicht zu den TOP 30 der häufigsten Diagnosen in allgemeinmedizinischen Praxen. Auch in Facharztpraxen für Neurologie fallen nur 4,4 % auf Migräne (ICD-10: G43) bzw. 3,8 % auf sonstige Kopfschmerzsyndrome (ICD-10: G44). Kopfschmerzen verursachen hohe indirekte Kosten, beispielsweise durch verminderte Leistungsfähigkeit ohne Krankschreibung.

  • Etwa jeder 7. Mensch auf der Welt – mehr als 1 Milliarde – ist von Migräne betroffen.
  • Migräne ist weltweit in der Altersgruppe 15–49 auf dem ersten Platz aller Erkrankungen gemessen an der Beeinträchtigung (years lived with disability).
  • Mehr als 8 Jahre dauert es im Durchschnitt, bis beim Clusterkopfschmerz die Diagnose gestellt und die gezielte Behandlung in die Wege geleitet ist.
  • 40 % aller Migräne-Fälle werden nicht diagnostiziert.

 

Jeder Kopfschmerz muss individuell behandelt werden

Auf diese und weitere Zahlen weist die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) hin. Sie hat wegen der bestehenden Unterversorgung die Kampagne Attacke gemeinsam gegen Kopfschmerzen gestartet und betont, dass jeder Kopfschmerz individuell behandelt werden muss. Betroffene von Kopfschmerzen sollen frühzeitig, bestmöglich und angemessen eine professionelle Behandlung erhalten. An den medizinischen Möglichkeiten scheitert es nicht, meinen die Initiatoren. Diese müssten nur genutzt werden.

Nicht alle Kopfschmerz-Patienten können und müssen bei einem der 1.200 ambulant tätigen Schmerzmediziner oder in einem der bundesweit 120 regionalen Schmerzzentren diagnostiziert und behandelt werden. In 188 Städten mit über 50.000 Einwohnern existiert gar kein solches Spezialzentrum. Weil Hausärztinnen die ersten Ansprechpartner bei Beschwerden sind, werden diese mit einem aktuellen Curriculum fortgebildet.
 

Was Migräne charakterisiert

  • Einseitiger, pulsierender oder pochender Schmerz, der von Betroffenen als moderat bis schwer empfunden wird und sich meist durch körperliche Aktivität verstärkt
  • Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Geräuschüberempfindlichkeit sind möglich
  • Migräne mit Aura: Einschränkungen im Sichtfeld (Flimmern oder Blitze) oder Sprach- und Sprechstörungen
  • Taubheit einer oder mehrerer Gliedmaßen möglich

 

Was Spannungskopfschmerz charakterisiert

  • Beidseitiger, dumpfer oder drückender Schmerz, der als mild oder moderat empfunden wird und sich nicht durch körperliche Aktivitäten verstärkt.
  • Licht- oder Geräuschüberempfindlichkeit möglich, jedoch nicht gleichzeitig

 

Das können Praxisteams tun

Um Chronifizierungen und medikamenteninduzierte Kopfschmerzen infolge Übergebrauch von Selbstmedikation zu vermeiden, sind Sensibilität für das Thema und Informationen für Betroffene wichtig. Umfangreiche Informationsmaterialien können beispielsweise über die Kampagnen-Website bestellt werden.

Zudem ist die Nutzung eines elektronischen, werbefreien Kopfschmerzkalenders jetzt für alle Betroffenen möglich. Bisher war die Webanwendung nur für Patienten nutzbar, deren behandelnde Ärzte am Kopfschmerzregister der DMKG beteiligt waren. Die App dokumentiert die Kopfschmerzen fachgerecht und dient so der Planung und Verlaufsbeobachtung der Therapie. Einmal täglich werden Nutzende an den fälligen, aber in 1 bis 2 Minuten erledigten, Eintrag erinnert. Eingegeben werden Stärke der Kopfschmerzen, Dauer, weitere Symptome sowie Medikamenteneinnahme. Zusätzlich können prophylaktische Medikamente, Menstruation oder freie Kommentare eingegeben werden. Zusammenfassungen können in der App angezeigt oder zum Mitnehmen in die Arztpraxis heruntergeladen werden.

Die DMKG-App für Android und iOS kann kostenlos über die gängigen App-Stores heruntergeladen werden. Wer sie nutzt, unterstützt damit auch die Kopfschmerzforschung. Die Daten lassen keine Rückschlüsse auf Personen zu und werden für wissenschaftliche Studien genutzt.

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