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Kraft tanken in einem stressigen Alltag – geht das?

Es ist Ferienzeit und damit Zeit, Kraft zu tanken. MFAs sind seit dem Beginn der Pandemie besonderen Belastungen ausgesetzt – mental und körperlich. Nicht nur der Arbeitsalltag selbst ist anstrengend, auch der Frust darüber, dass die Anstrengungen oft nicht ausreichend von Patienten und der Politik anerkannt werden – und manchmal auch nicht von der Praxisleitung. Die Hoffnung ist groß, in der Urlaubszeit leere Akkus wieder aufzuladen. Doch was, wenn das nicht reicht?

Zwei Wochen Urlaub am Stück – länger können die meisten Angestellten nicht aus einem meistens viel zu stressigen Alltag aussteigen. Viele haben hohe Erwartungen an ihren Jahresurlaub und viele kehren mehr oder weniger enttäuscht und wenig erholt an ihren Arbeitsplatz zurück.

Es empfiehlt sich, schon vor dem Urlaub zu prüfen, ob die eigenen Erwartungen an die Auszeit wirklich realistisch sind und ob man sich nicht zu viel vornimmt an Aktivitäten. Oft sind die Hin- und Abreise an den Urlaubsort mit zusätzlichem Stress verbunden. Stichwort: Chaos an den Flughäfen, überfüllte Züge, kilometerlange Staus auf den Autobahnen.

Wer wenig erholt aus dem Urlaub zurückkommt, sieht sich dann auch noch einer neuen Runde an Zusatzbelastungen ausgesetzt beim Gedanken an drohende Coronawellen im Herbst und Winter – und anderen Krisen. Umso wichtiger ist es, einen guten Umgang mit dem Dauerstress zu finden, sodass die Akkus im Alltag möglichst nicht ganz so leer werden. Es ist gut, sich ein paar Gedanken über das eigene Energiemanagement zu machen und zu überlegen, an welcher Stelle man selbst Handlungsspielräume hat, dem Stress etwas entgegenzusetzen.
 

Die Pandemie macht auf einer ganz basalen Ebene Stress

Nach dem Salutogenese-Modell, das der Gesundheitswissenschaftler Aaron Antonovsky 1997 beschrieb, hängt Gesundheit von einem komplexen Gefüge von Bedingungen ab. Die Stressbewältigung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wie gut sie gelingt, hat mit vielen verschiedenen Faktoren zu tun, die nur zum Teil in den äußeren Umständen liegen. Auch genetische Faktoren, die eigene Lebensgeschichte und zur Verfügung stehende Ressourcen bestimmen über Erfolg und Misserfolg von Stressbewältigung.

Ein Schlüsselelement für den Spannungsabbau ist das sogenannte Kohärenzgefühl. Es beschreibt ein Gefühl der Zuversicht. Mit einem stabilen Kohärenzgefühl ist man überzeugt, dass die weitere Entwicklung vorhersagbar ist und eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich die Angelegenheiten so gut entwickeln, wie man vernünftigerweise erwarten kann.

Das Kohärenzgefühl besteht aus 3 Komponenten:

  1. das Gefühl, die Zusammenhänge zu verstehen
  2. das Vertrauen darauf und die Überzeugung, das eigene Leben gestalten und bewältigen zu können
  3. die Überzeugung, dass das Leben einen Sinn hat
     

Während der Pandemie ist bei vielen Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, dieses Kohärenzgefühl torpediert worden. Die Überkomplexität der Ereignisse erschwerte das Verständnis dafür, wie das Virus und die Maßnahmen zu seiner Bekämpfung zusammenhängen. Die zuweilen schwer nachvollziehbaren politischen Entscheidungen und irrationalen Verhaltensweisen in der Bevölkerung erzeugten ein Gefühl der Ohnmacht und Wut. Und es tauchte die Frage auf, ob es überhaupt noch Sinn ergibt, sich anzustrengen, um Menschen vor Infektionen und Gesundheitsschäden zu schützen.

Die tiefe Erschöpfung, die viele MFAs spüren, kann mit einem verletzten Kohärenzgefühl zusammenhängen. Die Frage ist, wie man dieses Gefühl im weiterhin stressigen Alltag selbst stärken kann.
 

Machen Sie sich Ihre Ressourcen bewusst

Nach Antonovsky entscheiden viele Faktoren darüber, welche Widerstandsressourcen ein Mensch hat. Dazu können gesellschaftliche und soziale Merkmale des Umfelds gehören, aber auch Ressourcen, die man durch die eigene Lebensgeschichte erworben hat. Deshalb unterscheiden sich die Ressourcen, die Sie zur Bewältigung von Stress haben, von denen Ihrer Kolleginnen und Freunde. Allgemeine Tipps, wie regelmäßig Pausen einlegen oder für Entspannung und Ausgleich sorgen, sind richtig und wichtig. Aber wie sehr Sie sie in Ihrer jeweiligen Situation nutzen können, hängt nicht allein von Ihnen selbst ab oder wie sehr Sie sich anstrengen, es sich gut gehen zu lassen.

Der meiste Stress entsteht in der Regel durch äußere Faktoren, die wir nicht oder nur wenig beeinflussen können. Wie viele Menschen im Herbst in die Arztpraxis kommen, liegt nicht in Ihrer Hand. Die meisten Menschen fühlen sich zusätzlich gestresst, wenn sie sich weniger Patienten wünschen oder mehr Unterstützung durch die Politik oder die Praxisleitung, weil sie darauf nur wenig Einfluss nehmen können.

Hilfreicher im Sinne der eigenen Gesundheit ist es, sich auf die Möglichkeiten zur Stressbewältigung zu besinnen, die man selbst in der Hand hat. Tut es Ihnen gut, wenn Sie morgens darauf verzichten, die neuesten Nachrichten auf dem Smartphone zu checken? Starten Sie entspannter in Ihren Tag, wenn Sie Ihren Guten-Morgen-Kaffee am offenen Fenster trinken und dem Gesang der Vögel zuhören? Schalten Sie nach der Arbeit leichter ab, wenn Sie noch eine Runde auf dem Fahrrad drehen? Hilft es Ihnen, über Ihren Frust und Ärger mit einer guten Freundin zu sprechen, vielleicht bei einer kühlen Limo auf der Terrasse oder in Ihrem Lieblingscafé?

Die Strategien zum Stressabbau sind so unterschiedlich wie die Menschen. Stellen Sie sich solche und ähnliche Fragen, um die Perspektive zu ändern und Zugang zu Ihren ganz individuellen Bedingungen für ein gesünderes, weil stressfreieres und zufriedeneres Leben zu bekommen. Es ist hilfreich, sich Zeit zu nehmen und eine individuelle Liste von all den Dingen zu machen, die Ihnen ganz persönlich Kraft spenden und Ihnen helfen, Stress abzubauen. So können Sie Ihr Kohärenzgefühl stärken und mit dazu beitragen, dass Ihre Akkus im stressigen Alltag nicht vollständig entladen.

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