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Arztpraxen nutzen mehr digitale Tools, aber bringt das auch Entlastung?

E-Rezept, eAU und E-Arztbriefe sind in immer mehr Arztpraxen Teil des Alltags. Mehrere Umfragen kommen zu dem Ergebnis, dass Patienten von dieser Entwicklung profitieren. Sie begrüßen es, leichter mit ihrer Hausarztpraxis kommunizieren zu können. Doch helfen die digitalen Anwendungen auch den Praxen selbst?

Elektronische Rezepte, Briefe, Kommunikationskanäle werden Teil des Praxisalltags

Zahlen der gematik und der Bundesärztekammer zeigen, dass die Nutzung von digitalen Anwendungen seit dem Sommer stark zugenommen hat. Die Infrastruktur mit Konnektoren, elektronischem Heilberufeausweis und KIM-Anschluss steht bei den meisten Praxen und wird nun verstärkt genutzt, um E-Rezepte auszustellen sowie Arztbriefe und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen elektronisch zu verschicken.

Am 23. November hatte die gematik erstmals einen Aktionstag zum elektronischen Arztbrief ausgerufen. Damit wollte sie die Arztpraxen motivieren, Erfahrungen mit dem per KIM-Dienst verschickten Arztbrief zu sammeln. Bereits vor diesem Tag stieg der Versand von E-Arztbriefen spürbar an, teilt die gematik mit. Am 23. November wurden 6.000 Arztbriefe mehr elektronisch versendet als eine Woche zuvor. Insgesamt wurden an diesem Tag 41.000 Arztbriefe elektronisch verschickt, im gesamten Jahr 2022 waren es mehr als 2,8 Millionen.

In diesem Jahr schickten die Arztpraxen bisher zudem über 47 Millionen elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen an die Krankenkassen. Dabei zeigte sich eine deutliche Steigerung der Zahlen seit dem Sommer. Auch bei den E-Rezepten meldete die gematik einen großen Sprung. Waren bis zum August ca. 115.000 E-Rezepte ausgestellt worden, waren es bis Ende November schon über 650.000.
 

Stärkere Nutzung digitaler Tools bringt auch eine Entlastung für Praxen

Laut einer Umfrage des Bundesverbands Managed Care (BMC), bei der fast 570 Expertinnen im Gesundheitswesen befragt wurden, bringt die stärkere Einbeziehung digitaler Tools im Praxisalltag auch eine Entlastung für das Personal mit sich. Das betrifft besonders die Interaktion zwischen Praxispersonal und Patienten. 22 % der Befragten gaben an, durch die Digitalisierung eine Entlastung zu spüren. 79 %glauben zudem daran, dass sich durch die Digitalisierung der Bürokratieaufwand verringern lässt.

Über 90 % gaben in der Umfrage an, dass insbesondere der strukturierte Datenaustausch eine Entlastung bringt, über 80 % versprechen sich durch die digitale Dokumentation eine Zeitersparnis und fast 80 % finden digitales Monitoring und digitale Medikamentenplanung nützlich.

Allerdings rechnen die meisten Experten damit, dass die Vorteile in einer Übergangszeit noch nicht überwiegen, sondern dass die Digitalisierung erst mal mehr Geld und Zeit kostet. Das hat ihrer Meinung nach vor allem mit Kommunikationsproblemen zu tun: zwischen Softwareherstellern, IT-Dienstleistern, gematik, Verbänden und Arztpraxen sowie in Richtung der Patienten. Diese müssen deutlich stärker darüber informiert werden, wie sie die Tools nutzen können und was sie davon haben.
 

Digitale Tools entlasten nicht automatisch

Auch eine Umfrage des PKV Instituts unter 170 MFAs und ZFAs zeigt, dass digitale Tools immer stärker in der Praxis ankommen. Obwohl die Befragten diese Entwicklung grundsätzlich begrüßten, fühlten sich nur knapp 10 % dadurch entlastet. Die überwiegende Mehrheit, nämlich mehr als 85 %, spürt keine Entlastung und fühlt sich genauso gestresst wie vor der Einführung. Auch in dieser Umfrage war der Nutzen für die Patientinnen deutlicher spürbar. Fast 60 % der Patienten fanden z. B. die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gut oder sehr gut.

Der Zeitaufwand bei der Einführung von digitalen Anwendungen wird von den meisten noch als Knackpunkt gesehen. Hier helfen zwar ein strukturierter Prozess, Geduld und Zuversicht, aber das löst nicht alle Probleme. Die Digitalisierung ist eben nur eine von vielen Zusatzbelastungen und kann nicht mal eben nebenbei gelingen.
 

Kommunikation rund um digitale Tools als größte Herausforderung

Der Bereich, in dem bei der Digitalisierung der größte Nutzen erwartet wird, nämlich bei der Kommunikation zwischen Praxen und Patienten, wird jedoch zugleich als große Herausforderung empfunden. Wie soll der Nutzen der Anwendungen für die Patientinnen deutlich werden, wenn er für das Praxispersonal selbst kaum spürbar ist?

Dass der Nutzen auf sich warten lässt, hat zu einem großen Teil mit der Vielfalt der Produkte zu tun, die im Rahmen der Telematikinfrastruktur eingesetzt werden. Die Industrie baut diese Anwendungen nach Vorgaben der gematik und hat dabei Spielräume. Diese Spielräume führen dazu, dass jeder Hersteller die Anwendungen ein bisschen anders umsetzt – nicht selten am Bedarf der Praxen vorbei. Wenn ein Fehler auftritt oder eine Anwendung viel zu umständlich ist, wissen Praxen oft nicht, wen sie ansprechen sollen: die gematik, den IT-Dienstleister oder den Hersteller. Viele wissen auch gar nicht, dass sich Dinge ändern lassen, die den Praxisablauf aufhalten. Oder sie denken, sie haben selbst etwas falsch gemacht und geben frustriert auf.

Diese Probleme sind der gematik bewusst, sie zu lösen, ist jedoch gar nicht so leicht. Denn wie genau die Hersteller die Vorgaben umsetzen und wo das zu Problemen führt, ist der gematik oft nicht bekannt. Sie versucht das zu ändern, indem sie sich systematisch und regelmäßig mit Arztpraxen in bestimmten Regionen über deren Erfahrung austauscht und diese dann den Herstellern zurückmeldet.

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