

Die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden sagt wenig über die Arbeitslast aus

Grundlage der Aussage war eine Auswertung auf Basis von OECD-Daten. Arbeiteten Deutsche im Jahr 2010 noch 1.426 Stunden jährlich, waren es im Jahr 2023 nur noch 1.343 Stunden. Weltweit gehen die geleisteten Arbeitsstunden fast überall zurück. Allerdings gibt es große Unterschiede. Im europäischen Vergleich arbeiten Deutsche tatsächlich weniger als in vielen anderen Ländern. So listet die OECD für das Jahr 2023 1.897 Stunden für Griechenland, 1.803 Stunden für Polen, 1.734 Stunden für Italien, 1.632 Stunden für Spanien, 1.679 Stunden für Ungarn und 1.418 Stunden für Norwegen auf.
Vollzeitbeschäftigte arbeiten weniger, Teilzeitquote steigt
Innerhalb der EU arbeiteten Vollzeiterwerbstätige im Jahr 2022 40,5 Stunden wöchentlich, Teilzeitkräfte durchschnittlich 21,4 Stunden. Während die durchschnittliche gewöhnliche Wochenarbeitszeit zwischen 2011 und 2022 von 41,4 Stunden auf 40,5 Stunden sank (Vollzeitkräfte), stieg sie bei Teilzeiterwerbstätigen von 20,2 Stunden auf 21,4 Stunden.
In Griechenland wird 41 Stunden pro Woche gearbeitet. Das Land führt mit 12,9 % auch das Mehr-als-48-Stunden-Arbeit pro-Woche-Ranking der EU an. Hier liegt Deutschland mit 6 % im Mittelfeld. Überlange Arbeitszeiten wurden für Führungskräfte und Selbständige festgestellt.
Die wöchentliche Arbeitszeit in Deutschland lag mit 34,7 Stunden unter dem europäischen Durchschnitt von 37 Stunden. Die höchste Teilzeitquote in der Europäischen Union bei Erwerbstätigen ab 15 Jahren hatten die Niederlande mit 43,3 %.
Teilzeitstelle als Notlösung
37,5 Millionen Menschen in der EU waren im Jahr 2022 teilzeitbeschäftigt. Für knapp ein Fünftel war das eine Notlösung. Das heißt, diese Menschen würden gern mehr arbeiten, fanden aber keine Vollzeitstelle. Besonders hoch war die Quote der unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten in Italien (56,5 %) und Rumänien (55,4 %). In Deutschland lag sie bei 5,7 %.
Zudem arbeiteten rund 43,5 % der Frauen und 21,8 % der Männer wegen der Betreuung von Kindern oder anderen Angehörigen oder sonstigen familiären Verpflichtungen in Teilzeit. Ob diese Entscheidung freiwillig getroffen wurde, sagt die Statistik nicht aus. Sie räumt jedoch ein, „dass Veränderungen bei Angeboten für Kinderbetreuung und Pflege die Wünsche nach Voll- oder Teilzeitarbeit stark beeinflussen.“
In Deutschland fast jede zweite Frau in Teilzeit
Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts auf Basis des Mikrozensus arbeiteten im Jahr 2024 29 % der Erwerbstätigen in Deutschland in Teilzeit: fast jede zweite Frau (49 %) und jeder neunte Mann (12 %). Sowohl die Erwerbstätigenquote der 15- bis 64-Jährigen als auch die Erwerbstätigenquote von Frauen stieg innerhalb der letzten 20 Jahre deutlich, vornehmlich durch Teilzeitarbeitsstellen. Deutlich mehr Mütter und Väter mit minderjährigen Kindern arbeiten heute. Allerdings waren 68 % aller Mütter mit Kindern unter 18 Jahren in Teilzeit tätig, bei Müttern mit Kindern unter 3 Jahren waren es 73 %. Väter reduzierten ihre Arbeitszeit seltener (8 % bzw. 9 %).
Hohe Teilzeitquote in Arzt- und Zahnarztpraxen
Ganz aktuell sind die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für Gesundheitspersonal. Auf den ersten Blick wird klar, dass mehr MFAs und ZFAs in Teilzeit- oder geringfügig als vollzeitbeschäftigt sind. Ob das immer freiwillig der Fall ist, sagt die Statistik nicht aus. Es fällt auf, dass spezialisierte Fachkräfte sowohl in human- als auch in zahnmedizinischen Praxen deutlich seltener in Teilzeit arbeiten.
Vollzeit | Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte | Gesamt | |||||||
m | w | gesamt | m | w | gesamt | m | w | gesamt | |
MFA | 4 | 177 | 181 | 8 | 269 | 277 | 12 | 445 | 458 |
ZFA | 2 | 96 | 98 | 2 | 117 | 119 | 4 | 213 | 217 |
In 1000, eigene Darstellung nach destatis, Auszug Zahlen aus 2023.
*Fehler im Original, siehe Screenshot
Gesellschaftlicher Zündstoff
In Medienberichten wird die Thematik der wöchentlichen Arbeitszeit oft auf Fleißig- oder Faulsein reduziert. Aber Statistiken allein sagen nichts über die tägliche Arbeitslast, insbesondere von Frauen, aus. Sie spiegeln weder Care-Verantwortung noch ehrenamtliches Engagement oder gar zusätzliche selbstständige Arbeit wider. Gewerkschafter, Politikerinnen und Forschende warnten vor „gesellschaftlichem Zündstoff“, wie hier in der Tagesschau. In Zeiten des Fachkräftemangels ist die Arbeitsdichte – besonders in deutschen Arztpraxen – bereits enorm hoch. Sehr gut ablesbar an den Protestbriefen, die der Verband medizinischer Fachberufe veröffentlicht hat. Statt der Forderung, mehr zu arbeiten, muss es in der ambulanten Gesundheitsversorgung darum gehen, gesünder und effizienter arbeiten zu können, eine leistungsgerechte Honorierung zu etablieren sowie Fehlanreize wie Steuerentlastungen oder vorzeitige Renteneintritte von Gesunden zu beseitigen.
DM
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