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Digitalgesetze in der Kritik

Letzte Woche verabschiedete der Bundestag die Digitalgesetze. Darin enthalten sind auch zahlreiche neue Pflichten für Arztpraxen und psychotherapeutische Praxen. Die KBV und andere Organisationen sind skeptisch, ob und wie diese umgesetzt werden können.

Wie das Ärzteblatt berichtet, warnt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) vor weiteren Belastungen in der ambulanten Versorgung. „Die beiden Gesetze mitsamt Änderungsanträgen haben das Potenzial, die Arbeit der niedergelassenen Kollegen erneut mit Bürokratie und Digitalisierungsberatung zu belasten“, erklärte KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner. Besonders die neuen verpflichtenden Aufgaben im Rahmen der elektronischen Patientenakte (ePA), die im Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (DigiG) und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) festgehalten sind, sind umfangreich.
 

Keine Zeit für weitere Pflichten

Zukünftig müssen Arztpraxen Daten aus Arztbriefen und Befunden bzw. Befundberichten zwingend eintragen. Darüber hinaus müssen sie die Patienten darüber informieren, welche Daten in ihre ePA übermittelt und gespeichert werden sowie einen daraufhin erklärten Widerspruch in der Behandlungsdokumentation dokumentieren. Auch die Aufklärung über das Recht zur Beschränkung der Datenverarbeitung obliegt nun den Arztpraxen. Daher befürchtet Sybille Steiner: „Mit den umfangreichen Aufklärungspflichten dürfte die effektive Behandlungszeit an Patienten noch weiter abnehmen.“ Sie habe daher große Sorge, dass die neuen Regelungen den Frust in den Praxen weiter erhöht und noch mehr niedergelassene Ärzte über einen vorzeitigen Ausstieg nachdenken. Das ergab eine aktuelle Umfrage der KBV.
 

Belastung durch mangelhafte Software

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) berichtet, dass bei den am häufigsten genutzten Softwaresystemen fast wöchentlich zu Systemabstürzen komme, was die Arbeitsabläufe entsprechend belaste. „In dieser äußerst angespannten Situation will die Regierungskoalition mit dem komplexen Gesetzgebungsverfahren zur beschleunigten Digitalisierung im Gesundheitswesen auf Biegen und Brechen die elektronischen Gesundheitsakte verpflichtend einführen“, kritisiert der Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried laut Ärzteblatt. „Das hat das Potenzial, die ambulante medizinische Versorgung unmittelbar zu gefährden und den Frust in den Praxen zu maximieren.“

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband unterstützt die Kritik der KBV und lehnt die kurzfristigen Änderungen, die ohne jede Beratung und Rückkoppelung mit den Praktikern quasi über Nacht ins Digitalgesetz gekommen seien, ab. Bundesvorsitzende, Nicola Buhlinger-Göpfarth macht klar: „„Bis zum heutigen Tag funktioniert die Technik so schlecht, dass es in der Regel mehrere Minuten dauert, bis die ePA überhaupt eingesehen werden kann – von vernünftig eingespeisten Daten ganz zu schweigen.“ Vor diesem Hintergrund und den Erfahrungen der letzten Jahre fehle der Glaube daran, dass die verantwortlichen Akteure es schafften, diese massiven Probleme innerhalb eines Jahres in den Griff zu bekommen. „Der Gesetzgeber macht sich anscheinend sehr viele Gedanken darüber, wie er bei Ärzten die Daumenschrauben festziehen kann. Es wäre sinnvoller, diese Zeit und Energie in die Frage zu stecken, wie er den Technik-GAU in den Griff bekommen will.“
 

Nicht praktikabel für kinderärztliche Praxen

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) befürchtet einen Kollaps, wenn die neuen Verpflichtungen umgesetzt werden müssen. Präsident Michael Hubmann betont: „Wir Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte befürworten und unterstützen jede Form der Digitalisierung, die funktioniert. In der Pädiatrie gehen wir da bereits mit positivem Beispiel voran. Was das neue Digitalgesetz jedoch in Bezug auf die ePA-Befüllung vorsieht, ist ein nicht-praktikabler Vorschlag aus dem Elfenbeinturm der Politik.“ Bevor Zeitvorgaben gemacht werden, müsse erst gewährleistet sein, dass die Arbeit mit der ePA reibungslos funktioniere. Davon sei man weit entfernt.

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