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Reproduktionsmedizin: Überarbeitete Richtlinie veröffentlicht

Die Bundesärztekammer hat kürzlich die aktualisierte „Richtlinie zur Entnahme und Übertragung von menschlichen Keimzellen oder Keimzellgewebe im Rahmen der assistierten Reproduktion“ veröffentlicht. Sie enthält unter anderem neue Regelungen zur Kryokonservierung von Keimzellen vor einer Krebstherapie.

Das im Mai 2019in Kraft getretene Terminservice- und Versorgungsgesetz hatte viele Neuerungen gebracht, unter anderem diese:

Für junge Erwachsene, die an Krebs erkrankt sind, werden die Kosten für die Kryokonservierung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Durch die Konservierung von Keimzellgewebe, Ei- und Samenzellen kann diese Patientengruppe auch nach einer Krebsbehandlung noch Kinder bekommen.

Vor diesem Hintergrund wurde eine Anpassung der bestehenden Richtlinie an den neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft nötig. Die 31 Seiten umfassende Publikation wurde Mitte März 2022 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht. Fertilitätserhaltenden Maßnahmen wegen einer keimzellschädi­genden Therapie haben umfangreiche ärztliche Beratungen und Aufklärung voranzugehen. Zu den aufklärungsbezogenen Informationspflichten gehört unter anderem diese (2.1.5):

[…] Es ist im Rahmen der wirtschaftlichen Aufklärung auch darauf hinzuweisen, dass gemäß § 27a Abs. 4 SGB V ein Anspruch auf Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder von Keimzellgewebe sowie auf die dazugehörigen medizinischen Maßnahmen besteht, wenn die Kryokonservierung wegen einer Erkrankung und deren Behandlung mit einer keimzellschädigenden Therapie medizinisch notwendig erscheint, um spätere medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft vornehmen zu können. […]
 

Wann fertilitätsprotektive Maßnahmen sinnvoll sind

Bei weiblichen Betroffenen, wenn

  • „das Risiko eines Ausfalls der endokrinen und reproduktiven Ovarialfunktion durch die Therapie als mittel bis hoch geschätzt wird,
  • die Erkrankung und das Alter der Patientin bei Durchführung der fertilitätsprotektiven Maßnahmen eine spätere Erfüllung des Kinderwunsches noch realisierbar machen,
  • eine spätere Schwangerschaft im Hinblick auf Schwangerschafts- und Geburtsverlauf sowie die Kindsgesundheit grundsätzlich mit der zugrunde liegenden Erkrankung vereinbar sind,
  • die fertilitätsprotektive Therapie ohne relevante Verschlechterung der Prognose der Patientin durchführbar ist (Verzögerung des Beginns der kurativen Behandlung maßgeblich),
  • die Abwägung eines zu erwartenden Metastasierungsrisiko günstig ausfällt.“
     

Bei männlichen Betroffenen, wenn

  • „das Risiko einer Störung der Samenproduktion, der potenzielle Ausfall der endokrinen Hodenfunktion oder die Störung der Samendeposition durch die geplante Therapie hoch ist,
  • die fertilitätsprotektive Therapie ohne relevante Verschlechterung der Prognose des Patienten durchführbar ist (Verzögerung des Beginns der kurativen Behandlung maßgeblich),
  • im Fall einer Azoospermie oder einer Störung der Samendeposition (Anejakulation, retrograde Ejakulation) eine operative Hodengewebsentnahme als mikrochirurgisch assistierte oder multiple Testikuläre Spermienextraktion (TESE) angeboten und durchgeführt werden kann.“ […]

 

Schon gewusst?

  • Seit 1982 wurden mit Hilfe der assistierten Reproduktion bundesweit 340.053 Kinder geboren. Im Jahr 2019 waren es 21.000 Kinder. Das sind 3 % aller in dem Zeitraum geborenen Kinder.
  • Reproduktionsmediziner gehen davon aus, dass in jeder Schulkasse mindestens ein Kind sitzt, das durch künstliche Befruchtung auf die Welt gekommen ist.
  • Es gibt 134 deutsche Kinderwunschzentren.
  • Im Jahr 2019 kam es etwa bei jeder dritten Behandlung zu einer Schwangerschaft. 19 % der übertragenen Embryos wurden ausgetragen und geboren.
  • Bei eingefrorenen, später aufgetauten und eingesetzten „Präembryonen“ entspricht die Geburtenrate pro Transfer nahezu der bei so genannten „Frischzyklen“.
  • Mehrlingsraten sinken kontinuierlich, u. a. deshalb, weil Reproduktionsmediziner möglichst nur einen Embryo pro Transfer einsetzen wollen.

Diese und viele weitere spannende Fakten sind in einer für Paare mit Kinderwunsch und Interessierte frei zugänglichen Sonderausgabe des Jahrbuchs 2020 des Deutschen IVF-Registers nachzulesen.

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