Dauer-Challenge: Herzlichkeitsbeauftragte (Teil 2)
„Unsere Chefin sieht uns als Mitunternehmer, nicht als Personal“, erzählt Annett Kappel, die auch deshalb jeden Tag gerne zur Arbeit geht. „Frau Krampe ist sehr wertschätzend. Sie verlangt viel, aber sie gibt auch viel. Das bringt mich persönlich weiter“, lobt sie. Jede Woche findet eine gemeinsame Besprechung statt. Eine eigens dafür engagierte Mitarbeiterin kocht täglich frisches Mittagessen für das Team der Praxis mit Schwerpunkt Prophylaxe. Bei dem jedes Quartal stattfindenden Kreativtag bringen alle Mitarbeitenden ihre Ideen mit. Annett Kappel hatte die Idee, Prophylaxe auf biologischer, naturreiner Basis anzubieten. Kollegin Mandy Anding stellte nach erfolgreich absolvierter Aromaprophylaxe-Ausbildung naturreine Polierpasten vor, die die Zahnarztpraxis eingeführt hat. „Die sind sinnvoll für Patienten mit Allergien oder Immunschwäche und kommen gut an.“ Ein Fehlerverbesserungsmanagementsystem begrüßt ausdrücklich Fehler, weil nur so nachhaltige Verbesserungen besprochen und umgesetzt werden können.
Soft Skills sind wichtiger als Titel
„Viel wichtiger als Titel ist, dass die Soft Skills passen“, sagt die Herzlichkeitsbeauftragte. Dazu gehören Umgangsformen, dass Regeln eingehalten und überprüft werden. Am Mittagstisch mit dem Handy spielen? Kommt in Meiningen nicht gut an. „Kommunikation ist das A & O“, sagt Annett Kappel. Ihr Herzensplatz ist die Rezeption. „Das hat vermutlich mit meiner Gastronomieerfahrung zu tun“, lacht sie. Mindestens 3 selbst gewählte Weiterbildungen pro Jahr sind Pflicht und werden von der Praxis bezahlt. „Viele Mitarbeiterinnen nehmen zu Hause an Online-Weiterbildungen teil – weil sie es wollen. Unsere Arbeit ist sinnvoll und wir haben ein Ziel. Wir lesen auch viele Bücher.“ Annett Kappel beschäftigt sich aktuell mit Teammotivation.
Fachlich und menschlich muss es passen
Dabei kann sie über fehlende Motivation des Teams um Zahnärztin Manja Krampe überhaupt nicht klagen. Es geht beim Lesen eher um frische Begeisterungsimpulse und kreative Problemlösung. „Wir springen gern füreinander ein. Das ist ein Geben und Nehmen. Wenn die Praxis unterbesetzt sein sollte, bestellen wir möglichst keinen Patienten ab“, sagt Annett Kappel. „Um in so einem Klima zu arbeiten, muss man sich mit Menschen umgeben, die gut tun. Fachlich und menschlich muss es passen.“ Mit Rückblick auf die Kollegin, die sie einst zur Kündigung bewegte, sagt sie heute: „Es passte nicht. Aber wenn sich eine Tür schließt, geht eine neue auf. Wir wollen hier im Team Kolleginnen haben, die ihre Arbeit gern machen.“ Gutes Personal zu finden gelinge heute am besten durch Mund- zu-Mund-Propaganda.
Glück vor Geld
„Geld ist kein nachhaltiges Zugmittel“, findet Anett Kappel, obwohl sie dankbar ist, übertariflich bezahlt zu werden. Ihre Devise ist: „Guck, was dich glücklich macht.“ Sie bedauert, dass das (noch) nicht jeder Berufskollegin gelingt. Neulich beklagte ihr gegenüber eine engagierte ZFA aus einer anderen Praxis eine dauerbelastende Arbeitssituation bei Mindestlohnvergütung. Die Einladung, sich zu verändern, bereitete der Berufskollegin große Angst. So große Angst, dass sie lieber in ihrer unglücklichen Tätigkeit verharren wollte. Das findet Annett Kappel schade. Und vermutlich wird sie beim nächsten Treffen nachfragen.
Nervenden Faktoren souverän begegnen
Gibt es im beruflichen Leben einer Herzlichkeitspraxis gar keine Ärgernisse? Oh doch. Die Bürokratie nervt auch Annett Kappel und ihre Kolleginnen. „Material ist teurer geworden“, nennt sie ein weiteres Beispiel. „Das muss mit Patienten gut kommuniziert werden.“ Auch die Impfdebatte im Rahmen der Corona-Pandemie ging an der Meininger Praxis nicht vorbei. Anders als andere Einrichtungen musste jedoch niemand der Mitarbeitenden in Kurzarbeit. „Unsere Mission heißt Mundgesundheit. Wir klären auf und sprechen viel. Unsere Patienten sollen wissen, warum sie ihre Behandlung machen – für sich, nicht für uns.“ Auch wenn die Patientenbindung in Meiningen außerordentlich hoch ist und man sich auf dem Land kennt, muss Zufriedenheit täglich neu erarbeitet werden.
Geduld und roter Faden
Dabei musste Annett Kappel, die schnelles und effizientes Arbeiten gewöhnt ist, Geduld lernen. Im Team haben alle ihren festen Platz mit klar definierten Aufgaben und einer festen Vertretungsregelung. Es gibt Gesprächsleitfäden für diverse Situationen und Checklisten, wo was zu finden ist. „Ohne roten Faden verliert man sich“, betont sie.
Ein ungeschriebenes Gesetz gilt für sie außerdem: Zu Karneval hat die an einem Rosenmontag in Wasungen Geborene frei. Allerdings feiert sie dann nicht ihren Geburtstag, sondern hilft in der elterlichen Gaststätte, den feiernden Karnevalisten schöne Tage zu bereiten. Annett Kappels Dauer-Challenge ist Herzlichkeit. Für alle Kolleginnen ihrer Zahnarztpraxis, für ihre Patienten und für sich. Lebenslang und frei gewählt.
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