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„Der größte Lohnsprung im Leben“

„Leistung muss anerkannt und Arbeit gerecht bezahlt werden. Darum werden wir den Mindestlohn auf zwölf Euro anheben.“ So hatte es die Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Anfang Juni 2022 beschloss der Bundestag den Gesetzentwurf: Ab Oktober wird der Mindestlohn bei zwölf Euro brutto pro Stunde liegen. Von der Erhöhung profitieren viele nicht-tarifgebundene MFAs und ZFAs.

Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte gehören zu den 50 Berufen, für die sich eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro deutlich auswirken würde. Vor allem in Teilzeit arbeitende Frauen, Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen bzw. in kleineren Betrieben ohne Tarifbindung würden profitieren. Regional hätten besonders Angestellte im Osten und Norden der Republik etwas vom höheren Mindestlohn. So stand es in einer im September 2021 veröffentlichten Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
 

Für wen die unterste Lohngrenze gilt

In Deutschland wurde im Jahr 2015 der allgemeine gesetzliche Mindestlohn eingeführt. Diese unterste Lohngrenze darf nicht unterschritten werden. Sie gilt jedoch nicht für Auszubildende, Langzeitarbeitslose sowie teilweise für Praktikantinnen und Praktikanten. Im Moment liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro brutto pro Stunde. Ab 1. Juli 2022 steigt er auf 10,45 Euro. Ab 1. Oktober soll er auf 12 Euro erhöht werden.

Niedergelassene Ärzte müssen nicht nach Tarif zahlen. Es sei denn, sie gehören einem Arbeitgeberverband (wie z. B. AAA) und die MFA/ZFA einer Gewerkschaft/einem Berufsverband (wie z. B. VmF) an. Für MFAs gilt seit 2021 ein neuer Gehalts- und der Manteltarifvertrag. Etwa 34 % der MFAs werden bundesweit tariflich bezahlt, 40 % erhalten sogar ein über dem Tariflohn liegendes Gehalt.
 

Risiken des Niedriglohns

Entgegen landläufiger Meinungen schütze heute auch eine Ausbildung nicht mehr davor, „für kurze oder längere Zeit für einen niedrigen Lohn zu arbeiten“. Ein Grund dafür ist, dass die Tarifbindung in Deutschland von 68 % seit dem Jahr 2000 auf 51 % im Jahr 2020 gesunken ist. Als Risikofaktoren für einen Niedriglohn wurden identifiziert:

  • „Das Geschlecht ‚weiblich‘,
  • Eine Tätigkeit in Teilzeit,
  • Ein befristeter Arbeitsvertrag,
  • Ein Arbeitgeber ohne Tarifbindung,
  • Eine Betriebsgröße unter 100 Beschäftigen sowie
  • Helfer- und Anlerntätigkeiten“.
     

Besonders hoch war das regionale Risiko in Sachsen-Anhalt, gefolgt von Thüringen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern sowie Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Am wenigsten wahrscheinlich war es in Baden-Württemberg, Hamburg und Bayern, für einen Stundenlohn unter 12 Euro zu arbeiten.
 

Wer vom Lohnsprung profitiert

Insgesamt sollen 6 Millionen Menschen von der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ab Oktober 2022 profitieren. Für diese sei das Lohnplus von 22 % „möglicherweise der größte Lohnsprung in ihrem Leben“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in seiner Rede vor der Abstimmung im Bundestag. Der Mindestlohn soll Altersarmut vermeiden und er sei eine Frage der Leistungsgerechtigkeit und des Respekts vor ehrlicher Arbeit.

Für Minijobbende in 450-Euro-Jobs wirkt sich der neue Mindestlohn so aus, dass bei einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden künftig eine 520-Euro-Grenze gilt. Um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen zu fördern und nicht Minijobs als reguläre Arbeitsverhältnisse zu missbrauchen, hebt der Gesetzgeber die bisherige Höchstgrenze der so genannten Midijobs von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro an.

In der im November 2021 veröffentlichten Studie „12 Euro Mindestlohn: Deutliche Lohnsteigerungen vor allem bei nicht-tarifgebundenen Beschäftigten“ war der Arbeitsmarktexperte Toralf Pusch von 8,6 Millionen Arbeitsverhältnissen mit Stundenlöhnen unter 12 Euro ausgegangen, zwei Drittel davon waren Frauen. Bezogen auf 494.000 Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte verdienten 226.000 (= 45,7 %) unter 12 Euro pro Stunde. Bei einer Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro würden diese Personen von einer Lohnsteigerung von 5,7 % profitieren. „Langfristig muss das Ziel sein, dass diese Beschäftigten wieder nach Tarifverträgen bezahlt werden, die oberhalb des geltenden Mindestlohns qualifikationsadäquate Löhne garantieren“, findet Dr. Malte Lübker, WSI-Experte für Tarif- und Einkommensanalysen.
 

Wie sich der Mindestlohn auf das Gehalt auswirkt

Mit dem kostenlosen Mindestlohnrechner können Sie herausfinden, wie hoch Ihr Stundenlohn ist bzw. wie hoch Ihr Monatsgehalt mit dem neuen Mindestlohn ausfallen wird. Der Mindestlohn muss für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden gezahlt werden. Überstunden sind bei der Berechnung nicht berücksichtigt. Fragen zu abweichenden Regelungen und Besonderheiten beantwortet das Bürgertelefon Mindestlohn von montags bis donnerstags in der Zeit von 8 bis 20 Uhr unter der Telefonnummer: 030 – 60 28 00 28.

Thema Abrechnung

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