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Praxis im Schwitzkasten – was Sie aktiv gegen Hitze tun können

Wer regelmäßig an Fachweiterbildungen teilnimmt, hat möglicherweise Dr. med. Eckart von Hirschhausen über sein Herzensthema sprechen hören. „Klima und Gesundheit“ sind dem Arzt und bekanntesten medizinischen Kabarettisten so ernst, dass er bei jeder Gelegenheit darauf aufmerksam macht. Doch es gibt viele Aktive im Gesundheitswesen gegen den Klimawandel. Auch MFAs und ZFAs können Sinnvolles bewirken.

Es wird heiß. Temperaturen über 30 Grad lassen Gesunde stöhnen und machen Chronisch Kranken Angst. Längst hat sich herumgesprochen, dass die Klimakrise ein medizinischer Notfall ist. Dr. Eckart von Hirschhausen schlägt Alarm: „Der Lancet Climate Count Down ist sehr klar: Die Klimakrise ist die größte Bedrohung der globalen Gesundheit im 21. Jahrhundert. […] Die Gesundheitsberufe bekommen heute schon und erst recht in Zukunft die Folgen der Überhitzung aufgehalst.“
 

Klimawandel macht krank

Seit 1850 nahm die globale Durchschnittstemperatur um 1,2 °C zu. Mit einer weiteren Erderwärmung wird gerechnet. Steigen die Co2-Emissionen weiter, könnte die Erde bis 2100 um 4 bis 5 °C wärmer sein. Der Klimawandel macht krank. Das ist keine Wahlkampfparole, sondern bitterer Ernst:

  • Luftverschmutzung verkürzt die durchschnittliche Lebenszeit eines Europäers um durchschnittlich 2 Jahre. Damit ist sie das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko und trägt entscheidend zu Herz-Kreislauf, Atemwegs- und Lungenerkrankungen sowie Asthma bei.
  • Die Erderwärmung intensiviert Allergien und verlängert Expositionszeiten. Übertragbare Krankheiten wie Malaria, Dengue Fieber und Vibrionen (zum Beispiel in der Ostsee) werden mehr verbreitet.
  • Die Klimakrise trifft besonders vulnerable Gruppen wie ältere und behinderte Menschen, solche mit Vorerkrankungen, Kinder und Schwangere.
     

2018 kam es in Deutschland zu 20.200 Todesfällen in Zusammenhang mit Hitze bei den über 65-Jährigen. Im Jahr 2019 gab es in Deutschland rund 47 % mehr hitzebedingte Todesfälle als in der Referenzperiode von 2000 bis 2005.

 

 

Klimaschutz ist Gesundheitsschutz

Die Auswirkungen des Klimas auf die Gesundheit sind bekannt. Was das für die Arbeitswelt bedeutet, hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hier zusammengefasst. Trotzdem ist die Gesellschaft auf Hitzewellen (noch) nicht ausreichend eingestellt. So existieren keine flächendeckenden Notfallpläne. In der Initiative Health for Future engagieren sich deshalb bundesweit im Gesundheitswesen Tätige für gerechte Klima- und Umweltschutzmaßnahmen und das unabhängig von ihrer beruflichen Ausbildung. Zudem haben sich mehrere regionale Akteure zusammengeschlossen, um sinnvolle Maßnahmen, zum Beispiel Hitzeaktionspläne und Hitzewarnsysteme, zu koordinieren. Auch Praxisteams und Sie als MFA oder ZFA können helfen, gefährdete Menschen vor hitzebedingten Gesundheitsschäden zu schützen.
 

Was Sie tun können

  • Informieren Sie sich und Ihre Patientinnen und Patienten

Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG) hat auf einem DINA-4-Merkblatt für Praxisteams Maßnahmen zusammengestellt, die gesundheitlichen Hitzeschäden speziell bei Älteren vorbeugen. Dazu gehört, dass Sie den Newsletter „Hitzewarnungen“ (wir berichteten im Juli zum Thema) des Deutschen Wetterdienstes (DWD) abonnieren. So können Sie Gefährdungssituationen besser abschätzen. Ergänzend und/oder alternativ können Sie die Warn-App NINA und/oder die Katastrophen-Warn-App KATWARN auf Ihrem Smartphone installieren.

Informieren Sie Ihre Patienten und deren Angehörige über eine kontrollierte Flüssigkeitszufuhr, über das Halten einer kühlen Temperatur für Körper und Wohnung sowie angepasstes Verhalten. Eine ausführliche Präsentation finden Sie hier.

  • Passen Sie Ihre Praxis- und Behandlungsabläufe an

Kontrollieren Sie die Raumtemperatur, achten Sie auf kühles Klima sowie auf Dehydratationszeichen und Körpertemperatur – bei sich selbst und bei Ihren Patienten. Verschieben Sie anstrengende diagnostische oder therapeutische Maßnahmen von Hitzetagen auf kühlere Tage. Sprechen Sie ab, ob Sie an kritischen Tagen Morgen- und Abendsprechstunden für Risikopatienten organisieren können. Bieten Sie Getränke im Wartezimmer an.

  • Prüfen Sie Medikamente

Die meisten Arzneimittel sollen nicht über 25 °C gelagert werden. Wird es zu heiß, können Medikamente ihre Wirksamkeit verlieren. Das gilt noch mehr für zu kühlende Pharmazeutika (wie zum Beispiel Insulin). Medikamentenpläne Ihrer Patienten sollten deshalb vor dem Sommer kontrolliert werden. Die Ärztinnen und Ärzte entscheiden, ob kritische Präparate ggf. pausiert oder anders dosiert werden sollen. Was bei den wichtigsten Medikamentengruppen zu beachten ist, erfahren Sie kostenfrei auf dem 2-seitigen KLUG-Merkblatt zur Medikamentenanpassung bei Hitze.
 

Koordinieren Sie präventiv Helfende

Bei Hitzewellen (und anderen Katastrophen) empfiehlt sich ein informelles Netzwerk. Um im Notfall mobilisiert werden zu können, muss es jedoch vorher aufgebaut sein, beispielsweise durch die regelmäßige Zusammenarbeit mit Pflegediensten und anderen Professionen der Region. Sofern es die personellen Ressourcen erlauben, sind vorbeugende Hausbesuche oder Telefonate bei Menschen mit gesundheitlichen Risiken denkbar.

Zahlreiche gute Initiativen existieren bereits. Es ist sinnvoll, sich auch im ambulanten Bereich zu vernetzen. Infomaterial, das nach eigenen Erfordernissen angepasst werden kann, findet sich hier. Für Medizinische Fachangestellte, die sich zum Thema „Klimawandel und Gesundheit“ fortbilden möchten, hat die Bundesärztekammer ein Musterfortbildungscurriculum entwickelt.

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