Viele Arztpraxen unzufrieden mit der Digitalisierung
Weigeldt zur Digitalisierung: „Es hakt an allen Ecken und Enden“
Der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, sprach auf der Frühjahrstagung des Verbandes in Hannover unter anderem über Probleme bei der Digitalisierung in Arztpraxen. Es gebe große Probleme mit der Telematikinfrastruktur, sodass wesentliche Komponenten der Digitalisierung nicht richtig genutzt werden könnten. Hausärztinnen wünschten sich eine funktionierende Technik, seien aber mit Problemen beim elektronischen Rezept (E-Rezept), der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) oder der elektronischen Patientenakte (ePA) konfrontiert. Weigeldt sagte, dass Hausärzte die Digitalisierung begrüßten, aber keine Beta-Tester sein wollten.
Die Kritik richtet sich vor allem an die Politik und die für die Digitalisierung zuständige Gesellschaft gematik. Beanstandet wird, dass die Technik zu wenig getestet worden sei, bevor sie von allen Praxen eingesetzt werden muss. Viele Ärztinnen fühlen sich mit der technischen Umsetzung alleingelassen und haben den Eindruck, dass sich niemand für die Lösung der Probleme zuständig fühlt. Das ergab auch eine nicht repräsentative Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Umfrage der KBV: Ärzte scheitern an der Technik
An der Online-Umfrage der KBV Ende April hatten sich 6.000 Arztpraxen beteiligt. Die teilnehmenden Ärztinnen bemängelten vor allem, dass es immer wieder zu Abstürzen der Hard- und Software der TI komme. Die Konnektoren und zugehörigen Programme liefen nicht zuverlässig genug, sodass jede fünfte der an der Umfrage teilnehmenden Praxis zum alten Übermittlungsverfahren zurückgekehrt sei.
Von allen Praxen, die bereits eAUs verwendet hätten, berichteten nur 30 % von einem weitgehend reibungslosen Ablauf. Über 60 % gaben Probleme mit diesem Verfahren an. Zeitweise sei der Versand überhaupt nicht möglich. Die Probleme ließen sich zudem nicht leicht lösen. Fast die Hälfte der teilnehmenden Ärzte beklagten, dass IT-Dienstleister schwer erreichbar seien und über 30 % berichteten, dass es bei der Kommunikation mit Krankenkassen zu häufigen Fehlermeldungen komme.
Durch diese Erfahrungen täten sich viele Praxen schwer, aufs E-Rezept umzustellen. Nur 7 % der Praxen, die an der Umfrage teilnahmen, hatten bereits Erfahrungen mit dem E-Rezept gesammelt. Die niedrige Quote hat aber auch damit zu tun, dass diese Anwendung im Moment noch nicht allen Arztpraxen zur Verfügung steht. Nur 10 % derjenigen, die das E-Rezept schon verwendet hatten, berichteten jedoch, dass das Ausstellen gut funktioniere. Fast 60 % gaben an, dass es beim Versand zu Problemen gekommen sei. Und mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer berichteten über Schwierigkeiten beim Einlösen des E-Rezepts in einer Apotheke. 30 % der Ärztinnen gaben an, dass die Apotheken in ihrer Umgebung noch nicht bereit seien, E-Rezepte zu empfangen.
Arbeits- und Zeitaufwand für die Praxen zu hoch
Diejenigen, die eigentlich von der Digitalisierung profitieren sollen, nämlich die Patienten, akzeptieren die neue Technik zudem oftmals nicht. Vor allem älteren Patienten fehlten die technischen Voraussetzungen, um E-Rezepte oder ePAs zu nutzen. Sie besäßen oft gar kein Smartphone. Für sie müssen E-Rezepte in der Arztpraxis zusätzlich ausgedruckt werden. So ersetze einfach nur ein Papier das andere. Das Ausstellen und Versenden der E-Rezepte sei damit zeit- und arbeitsaufwändiger als das herkömmliche Verfahren. Der zusätzliche Aufwand würde aber nicht zusätzlich vergütet.
Weigeldt betonte auf der Frühjahrstagung, dass Arztpraxen gerne auf digitale Prozesse umstellen würden, eine Voraussetzung dafür aber ausgereifte Produkte für den Praxis-Alltag seien. Die KBV will die Umfrageergebnisse nutzen, um bei politischen Entscheidungsträgern Lösungen für die Probleme anzumahnen.
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