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Immer häufiger der MFA: Der Männeranteil im Ausbildungsberuf MFA nimmt zu, bleibt aber auf niedrigem Niveau

Laut Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) wächst die Anzahl der Männer im Ausbildungsberuf für Medizinische Fachangestellte (MFA) kontinuierlich. Am stärksten in den letzten 4 Jahren. Bis Anfang der 2000er Jahre waren Männer in diesem Beruf aber so selten, dass ihr Anteil noch nicht mal ein Prozent ausmachte.

In den letzten 30 Jahren ergriffen Männer in Deutschland immer häufiger den Beruf zum MFA – das zeigen Zahlen des BIBB, das die Anzahl der Arzthelferinnen und -helfer seit 1993 dokumentiert. Danach waren 2023 von den insgesamt 44.469 MFA-Auszubildenden 2.004 männlich – das entspricht 4,5 %. Es dauerte allerdings bis 2009, bis der Männer-Anteil in diesem Ausbildungsberuf überhaupt auf 1 % anstieg. 1993 lag ihr Anteil tatsächlich noch bei nur 0,2 %. 
 

Nur eine männliche „Arzthelferin“ in Berlin 1984

6 Jahre vor der Zählung der männlichen Auszubildenden im BIBB, im Jahr 1984, gab es in Berlin genau einen Mann, der sich zur Arzthelferin ausbilden ließ: Veli Çagılligeçit. Er brauchte damals eine Menge Mut, um sich als einziger türkischer Mann mit einem prominenten schwarzen Schnurrbart unter tausend blonden Frauen zur Arzthelferin ausbilden zu lassen. „Arzthelferin“? Das ist kein Schreibfehler: Veli Çagılligeçit wurde damals tatsächlich ein Zeugnis als Arzthelferin ausgestellt – die Bezeichnung MFA gab es noch nicht, sie wurde erst 2006 eingeführt. Und es gab auch noch keine Zeugnis-Vordrucke mit der männlichen Bezeichnung. Deshalb wurde Çagılligeçit mit einem Arzthelferinnen-Zeugnis und dem Kommentar weggeschickt, er solle doch in einem halben Jahr wieder nachfragen – vielleicht hätten sie dann die Vordrucke für Männer.
 

Heute MFAs dringend gesucht

Heute ist es kein Problem mehr, Zeugnisse mit der männlichen Form „Medizinischer Fachangestellter“ zu bekommen. Aber es ist ein Problem, überhaupt ausgebildete MFAs zu finden – denn es herrscht Fachkräftemangel. Mittlerweile sind MFAs so gesucht, dass die Bundesärztekammer (BÄK) und die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Ende August zum zweiten Mal ihre Kampagne “von-beruf-wichtig“ schaltete, um junge Berufsanfängerinnen und -anfänger zu erreichen. Denn etliche Praxen können ihre MFA-Stellen nicht besetzen. Schon 2023 hatten KBV und BÄK mithilfe dieser Kampagne auf TikTok und Youtube Beiträge in Umlauf gebracht, damit mehr Schulabgängerinnen und -abgänger den MFA-Beruf für sich entdecken. 
 

Vorurteile oft Hindernis für Männer

Häufig verhindern Vorurteile, dass Männer sich für eine Ausbildung zum MFA entscheiden. Denn in wenigen Berufen sind die traditionellen Rollenvorstellungen so fest verankert wie im Falle der MFA. Dies zeigen etliche Einträge auf social Media, in denen Männer danach fragen, wie es wohl wäre, unter einer Frauenmehrheit diesen Beruf zu lernen. Oder Einträge, in denen sich Männer skeptisch danach erkundigen, ob sie dann überhaupt ernst genommen würden. Zwar wuchs der Männeranteil in den Jahren 2020 bis 2023 viel stärker als in den Jahren davor (von 2,9 % im Jahr 2020 auf 3,9 % im Jahr 2022). Dennoch ist der Beruf der MFA immer noch ein klassischer Frauenberuf. 

Für Veli Çagılligeçit entdeckte eine Freundin die freie Stelle in einer Berliner Kollektiv-Praxis. Seine Einstellung wäre aber fast an den Vorurteilen einer zukünftigen Kollegin gescheitert: Sie war davon überzeugt, dass ein türkischer Mann niemals sein benutztes Geschirr abräumen oder kochen würde – so wie in der Praxis damals reihum üblich. Zum Glück erwiesen sich ihre Vorurteile als vollkommen unberechtigt: Der neue Kollege stellte sich als passionierter Koch heraus und räumte täglich die Küche auf. „Plötzlich war ich ihr Lieblingskollege und sie hat sich bei mir für ihre Vorurteile entschuldigt“, erinnert er sich. Männer, die sich den MFA-Beruf zutrauen, können eine Bereicherung für jedes Praxisteam sein. Zwar sind männliche MFAs heute noch immer eine Ausnahme, aber die Ausbildung wird auch unter Männern immer  beliebter – nicht zuletzt dank Pionieren wie Veli Çagılligeçit.

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