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Richtlinienkonformität – fiese Falle oder Chance?

Die Bestimmungen der Richtlinie können eine Behandlung einschränken. Gesetzlich Versicherte quittieren dies oft mit Unverständnis und Verärgerung. Die pauschale Reaktion „keine Kassenleistung“ hilft in solchen Fällen nicht weiter. Machen Sie vielmehr transparent, welchen Beschränkungen die Behandlung unterliegt, und nutzen Sie die Richtlinien für die Beratung.

Die Richtlinien müssen von Beginn jeder Behandlung an beachtet werden. Achten Sie insbesondere auf die Begrenzung der Sachleistung und die Abfolge.
 

Richtlinie und Anspruch auf Sachleistungen

Grundsätzlich gilt: Notwendige Leistungen werden von der GKV übernommen. Tatsache ist: Das stimmt nur zum Teil. Richtlinien schränken die Notwendigkeit oft ein, wenn beispielsweise Therapien erst ab einem bestimmten Schweregrad, unter bestimmten Bedingungen oder mit spezifischen Befunden als „notwendig“ gelten. Wird der Anspruch der Richtlinie nicht erfüllt, fällt die Behandlung aus der Sachleistung. Davon betroffen sind z. B. Kieferorthopädie, Behandlungen bei Erkrankungen des Kiefergelenkes, PAR-Therapien, Endodontie. Beispiele für Leistungsbeschränkungen durch Richtlinien sind:

  • In der Endodontie müssen z. T. therapiefähige Zähne entfernt werden, weil sie lt. Richtlinie als nicht erhaltungsfähig gelten. 
  • Gleichbleibend schlechte oder gute Mundhygiene schränkt die IP2 ein, sie ist dann „nicht notwendig“. 
  • Zahnersatz ist nur als Gesamtplanung unter Berücksichtigung der Zahn- und Mundhygiene richtlinienkonform. 
     

Wichtig: Handeln Sie therapeutisch entgegen den Vorgaben der Richtlinie, kann dies einen Regress auslösen, auch wenn Sie therapeutisch erfolgreich waren. 
 

Richtlinie und Abfolge

Richtlinien fordern bestimmte Abfolgen. So kann es passieren, dass eine Patientin, die einen festsitzenden Zahnersatz wünscht, zunächst eine PAR-Therapie mit notwendigen konservierend-chirurgischen Maßnahmen über sich ergehen lassen muss. Der gewünschte Zahnersatz rückt in weite Ferne. Für die Patientin unverständlich, in der Richtlinie eine normale Forderung. 

Bei anderen Leistungen verlangt die Richtlinie Folgeleistungen. Kontrollieren Sie z. B. die „P“ nicht mittels „ViPr“ oder erfolgt kein Check der „WF“ mittels „RöBi“ nach einem angemessenen Zeitraum, entspricht das nicht der Richtlinie. Mittels KI prüft die GKV sehr genau, ob die einzelnen Richtlinien in Summe eingehalten wurden, das Röntgenbild zu alt war oder die PAR-Leistung zur richtigen Zeit beantragt wurde. 

Wichtig: Das BEMA-Prüfmodul prüft nicht die Einhaltung der Richtlinien. Das ist Ihre Aufgabe.
 

Richtlinien liefern Ihnen Argumente für die Beratung

Richtlinien können Ihnen helfen, Patientinnen und Patienten zu erklären, warum Sie als Vertragszahnarztpraxis Grenzen einhalten müssen. Hier ein paar Erklärhilfen mit Zitaten aus Richtlinien:

  • Wir dürfen keinen Zahnersatz ohne Zahnfleischbehandlung einsetzen, wenn das Zahnfleisch eine therapiebedürftige Erkrankung aufweist: Der Versorgung mit Zahnersatz hat die notwendige konservierend-chirurgische und parodontale Behandlung des Restgebisses vorauszugehen.
  • Kein neuer Zahnersatz, solange der alte noch passt: Ein neuer Zahnersatz ist nicht angezeigt, wenn der vorhandene Zahnersatz noch funktionstüchtig ist oder die Funktionstüchtigkeit wiederhergestellt werden kann (z. B. durch Erweiterung).
  • Ist die Mundhygiene nicht gut, gibt es keinen festsitzenden Zahnersatz: Ist die Mundhygiene des Patienten unzureichend und/oder lehnt der Patient die Mitwirkung an einer notwendigen Parodontalbehandlung ab, ist das Behandlungsziel neu zu bestimmen.
  • Keine Motivation in der Mundhygiene, wenn die Mundhygiene dauerhaft gut oder schlecht ist: Sind bereits wiederholt Prophylaxemaßnahmen durchgeführt worden, so sollen bei zufriedenstellender Mundhygiene nur die Erhebung des Mundhygienestatus sowie die lokale Fluoridierung durchgeführt werden. Weitere Motivations- und Unterweisungsmaßnahmen sind dann entbehrlich. Dies schließt nicht aus, dass bei einer späteren Verschlechterung der Mundhygiene erneut Motivations- und Unterweisungsmaßnahmen im Rahmen der vertraglichen Bestimmungen erforderlich werden können. Verbessert sich der Mundhygienezustand eines Versicherten trotz wiederholter Motivationsmaßnahmen nicht, so sind nur noch der Mundhygienestatus und Fluoridierungen zweckmäßig.
  • Um eine Lücke zu schließen, müssen wir eine Gesamtplanung vorlegen: Die Versorgung hat die Wiederherstellung der Kaufunktion im Sinne einer Gesamtplanung zum Ziel.
  • Der Zahn benötigt zwar eine Wurzelbehandlung, aber die GKV zahlt nur die Extraktion: In der Regel ist die Entfernung eines Zahnes angezeigt, wenn er nach den in diesen Richtlinien beschriebenen Kriterien nicht erhaltungsfähig ist. Ein Zahn, der nach diesen Richtlinien nicht erhaltungswürdig ist, soll entfernt werden. Eine andere Behandlung von nicht erhaltungswürdigen Zähnen ist kein Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.
     

Ihr Patientin oder Ihr Patient kann nach einer solchen Erklärung Ihre Beratung zur privaten Leistung nachvollziehen. Laut Richtlinie müssen Sie über die Einhaltung der Richtlinie aufklären, warum sie also nicht benennen?

Lesen Sie nach in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, die Ihre zahnmedizinische Behandlung bestimmen. 

 

JaBr/ES

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